What is it about?

“Nur was schwarz auf weiß geschrieben steht, kann man getrost nach Hause tragen”, aber kann man ihm auch immer trauen? Diese Arbeit zeigt, dass das bei den “Geschichtswerken” über den aztekischen Gott und Heros Quetzalcoatl nicht der Fall ist. Es wird aufgezeigt, was alles “falsch” ist in diesen Texten und was ursprünglich dort gestanden haben müsste. Als der Spanier Hernán Cortés in Mexiko landete, sollen die Azteken ihn für den zurückgekehrten Topiltzin Quetzalcoatl gehalten haben, den weißen Gott mit langem Bart. Er soll Jahrhunderte zuvor nach Mexiko gekommen und wieder übers Meer Richtung Osten verschwunden sein, Anlass genug, über seine Herkunft aus dem Mittelmeerraum oder aus Nordeuropa zu spekulieren. Die Berichte über ihn sind sehr widersprüchlich. Dennoch stellen die meisten Analysen nicht die entscheidende Frage: Stimmt auch, was da steht? Wenn man die Intentionen der Verfasser ermittelt und prüft, ob die Informationen in das Bild passen, das über die aztekische Kultur bereits bekannt ist, so erkennt man schnell, dass hier absichtlich jede Menge Falschinformationen gegeben werden. Durch Vergleich der Texte untereinander und mit den gesicherten Informationen lassen sich die „falschen“ Informationen eliminieren. Anhand dieser Selektion lassen sich schließlich die verloren gegangenen Informationen rekonstruieren. Auf diese Weise analysiert der Aufsatz die frühesten Quellen zu Topiltzin Quetzalcoatl und kommt zu dem Schluss, dass es vor Ankunft der Spanier keinen weißen Gott gegeben hat und dass er schon gar nicht zurückerwartet wurde. Stattdessen war Quetzalcoatl Teil einer umfassenden Kriegsideologie.

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Why is it important?

Die Quellen über Quetzalcoatl haben den Prozess einer Mythenneubildung festgehalten. Sie bieten die Möglichkeit zu sehen, wie orale Tradition funktioniert: Mythen, die ein einschneidendes historisches Ereignis widerlegt, werden umgebaut, damit sie wieder „passen“. Es zeigt sich, dass bei der Analyse von Religion die politischen Umstände berücksichtigt werden müssen, da sie oftmals das Gesicht von Religion mitprägen. Die hermeneutische Textanalyse ist durch stufenweise Kontexterweiterung (Vergleich der Quellentexte untereinander, Vergleich mit der christlichen Bibel und mit ethnographischem Material, Vergleich mit dem zeitgeschichtlichen Kontext) in der Lage, den Prozess der Vermischung von aztekischem und christlichem Gedankengut durchschaubar zu machen. Die Methode ermöglicht, ursprüngliche Informationen wieder herzustellen.

Perspectives

Neben der quellenkritischen Analyse der ethnohistorischen Quellen Mesoamerikas kann ein weiterer künftiger Ansatz sein, die mythischen Weltbilder voneinander isolierter Kulturen zu vergleichen, z. B. diejenigen Mesoamerikas, Alt-Ägyptens und des vedischen Indien. Parallelerscheinungen, die sich dabei auftun, enthüllen Grundsätzliches, wie die Denkweise funktioniert, die Mythen produziert.

Dr Stefan Heep

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This page is a summary of: Die Wandlungen des aztekischen Gottes Topiltzin Quetzalcoatl, Zeitschrift für Religionswissenschaft, January 2016, De Gruyter,
DOI: 10.1515/zfr-2016-0002.
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