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„Es gehört heute weniger Mut dazu, mit roten Fahnen und Lenin-Bildern über den Westberliner Kurfürstendamm zu ziehen, als sich, etwa vor einer studentischen Versammlung, als Liberaler zu bekennen.“ Das schrieb der junge ZEIT-Journalist Kai Hermann in einem seiner zeitgenössischen Kommentare zur Studentenbewegung und versuchte sich damit an der Deutung eines der intellektuell interessantesten Beziehungsgeflechte, das aus den tektonischen Verschiebungen der geistig-politischen Landschaft Ende der sechziger Jahre hervorging. „Das unverbindlichste aller politischen Bekenntnisse“, meinte der Berlin-Korrespondent der liberalen Wochenzeitung, „ist über Nacht zur Provokation geworden [...]. Eine formal liberal verfasste Gesellschaft scheint ihre letzten Repräsentanten zum Teufel zu wünschen. Für die Rechten sind sie die Fellow-Travellers des Umsturzes, für die revolutionäre Linke die Inkarnation eines inhumanen Systems und zugleich dessen gefährlichste Strategen. Wer sie und was sie wirklich sind, scheinen die Liberalen selber nicht mehr genau zu wissen.“ In der Tat: Viele von den sogenannten „liberalen Kritikern“, wie es im zeitgenössischen Diskurs hieß, wurden durch die Herausforderung der Studentenrevolte und einer plötzlich wirkmächtig werdenden „Kritischen Theorie“ fundamental verunsichert. Eigentlich hatten sie sich doch als im besten Sinne fortschrittlich verstanden, hatten sich zu jenen vorwärtstreibenden Kräften gezählt, die nunmehr seit Jahren schon mit aufklärerischem Impetus und einer der praktischen Vernunft verschriebenen politischen Bildungsarbeit eine obrigkeitlichen Traditionen verhaftete Gesellschaft in eine liberal-demokratische umzuwandeln versuchten, die also, überspitzt formuliert, dem „Wirtschaftswunder“ ein „Demokratiewunder“ folgen lassen wollten. [...]

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This page is a summary of: Verunsicherte Demokratisierer »Liberal-kritische« Hochschullehrer und die Studentenrevolte von 1967 / 68, September 2008, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co, KG,
DOI: 10.13109/9783666367588.151.
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